Pirouette zur Deutschen Meisterschaft: Fragwürdige Politik im Eistanzen

Januar 2009 PIROUETTE:

Die einzige Kontroverse diesr 2009er Deutschen Meisterschaften gab es im Eistanzen. Die große Mehrheit der Beobachter war der Meinung, dass politisch entschiede wurde und eigentlich die Falschen gewonnen haben. Die neuen Meister Carolina und Daniel Hermann aus Dortmund sind deutsche Staatsbürger, könnten theoretisch bei Olympia starten, und die DEU kann mit ihnen Fördergelder erhalten. Nelli Zhiganshina kann als Russin dagegen ohnehin nin in Vancouver starten. Dass sie innerhalb eines Jahres einen deutschen Pass erhält, ist nicht wahrscheinlich. Auch die wenigen, die die Entscheidung für korrekt hielten, räumten ein, der Vorsprung von sieben Punkten sei auf jeden Fall zu groß. Wenn man schon Politik mache, solle man es unauffälliger anstellen.

Kritisiert wurde die NRW-Dominanz in der Jury: Schiedrichter und Controller kamen beide aus diesem Bundesland. Der zweite Spezialist aus der Slowakei war schon zweimal bei der NRW-Trophy eingeladen und soll auch bei Rostislav Sinitzin trainiert haben, der jahrelang in Dortmund gearbeitet hat. Alle drei sind zweifellos integre Personen, aber die Zusammensetzung "hat ein Geschmäckle", würde der Schwabe sagen.

Der Sport begann mit einer Premiere: in der Ausschreibung stand, dass der Pflichttanz der Europameisterschaft auch in Oberstdorf gelaufen wird. Also kam erstmals der erst in der Vorwoche ausgeloste neue Finnstep des stolz und erwartungsvoll zuschauenden Tanz-Bun­destrainers Martin Skotnicky zum Zuge, der im November in Berlin erstmals einen Lehr­gang veranstaltet hatte. Weil kein Paar diesen anspruchsvollen und schnellen Tanz mit der Betonung auf taktgenauen kleinen Spitzen­schritten schon lange trainiert hatte, war das Niveau recht niedrig. Auch für die Preisrichter war der Tanz ganz neu, daher machten sie vor­sichtshalber nur minimale Unterschiede und vergaben viele -1. Am besten liefen noch Tanja Kolbe und Sascha Rabe, was auch die als Zu­schauerin extra gekommene und seit Anfang Dezember nach einer Hochzeit in Dubai jung verheiratete Kati Winkler bestätigte. Sie hatte den Tanz vor zwei Jahren mit Rene Lohse für ein Lehrvideo der ISU einstudiert. Kolbe/Rabe erhielten allerdings ausgerechnet den letzten Platz. Hier und auch noch nach dem Paso do­ble führten Nelli Zhiganshina und Alexander Gazsi, der selbst zugab, „grottenschlecht" ge­wesen zu sein.

 

Erstklassiger Originaltanz

 

Im Originaltanz wendete sich das Blatt: Hier übernahmen die Hermanns mit gewissem Recht die Führung, denn ihre Elemente waren schneller, schwieriger und allesamt sicher, die +1 dominierte. Dass sie auch höhere Kompo­nenten erhielten, ist allerdings etwas fragwür­dig, auch wenn sie in dieser Saison nach dem monatelangen Training in Vancouver und der soliden Weiterarbeit in Dortmund erwachse­ner wirken als früher. Die Kür zu „Die Maske" hätten sie trotz hohen Tempos nicht gewinnen dürfen, denn drei Elemente hatten wenig Tem­po oder waren verwackelt, was sie auch selbst zugaben. Aber sie erhielten kaum Minus­punkte. Die Elemente von Zhiganshina/Gazsi wurden überwiegend mit 0 bewertet, aber sie liefen ihre Tango-Kür souverän, mit der beste­chenden Ausstrahlung einer Ballerina mit Ka­valier und ohne Patzer. Gazsi verfügt allerdings über eine niedrigere Grundschnelligkeit als die Hermanns, die Schrittfolgen erhielten allesamt nur Level 2, bei den Hermanns dagegen Level 3. Der „sächsische Moskauer" war anschließend regelrecht empört und meinte, zum zweiten Mal nach der Meisterschaft vor einem Jahr (als man Beier/Beier knapp bevorzugte) habe man ihm und seiner Partnerin mitten in vollem Lauf Stolpersteine in den Weg gelegt. Bei der Europameisterschaft seien sieben russisch­freundliche Preisrichter auf seiner Seite, hier könne er einen guten Platz erreichen. Zur Gala in Oberstdorf traten die beiden dann aus Frust nicht an, zur ARD-Gala reisten sie dann aber doch mit den anderen Deutschen im Bus.

 

Die Bronzemedaillengewinner Tanja Kolbe und Sascha Rabe machten keinen einzigen Fehler. Alle Kürelemente außer den Schrittfolgen ihrer Kür zu Kung Fu-Filmmusiken erhielten Level 4, das Paar von Hendryk Schamberger lief mit guter Ausstrahlung und ebenfalls makellos.

 

Seinen ersten Wettbewerb gegen andere Paa­re bestritt das neue Duo Christina Beier und Tim Giesen, das von Rene Lohse betreut wird. Beier wirkte deutlich beweglicher und flexibler als früher und passt größenmäßig optimal zu dem relativ großen Neusser. Obwohl sie we­gen verschiedener gesundheitlicher Probleme von Beier statt sechs nur dreieinhalb Monate wirklich zusammen trainieren konnten, sind sie auch schon international vorzeigbar und wären ohne einen Stolperer von Giesen beim Twizzle im Originaltanz (zu Louis Armstrong und dem „Bugle Boy") und der missglückten Schlusspose in der Kür (zum „Tanz der Vampi­re") vielleicht Dritte geblieben.

 

 

 

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