NGZ 8.12.2004: Einmal wöchentlich gibt es im „Journal“ der Neuss-Grevenbroicher-Zeitung" das „NGZ-Gespräch“ - zu dem Neusser Berühmtheiten von der Redaktion zum Interview geladen werden. Am 8. Dez. waren einige der Protagonisten des NSK-Weihnachtsmärchens geladen und das Gespräch führte der NGZ-Redakteur Christoph Kleinau.
Veröffentlicht wurde es am Freitag 10. Dezember 2004 als Wochenstory im 1/1-Seitenformat
Eismärchen:
Ehrenamtliche
Erfolgsgeschichte
Gut 14.000 Besucher machen das Eismärchen des NSK in diesem Jahr zur bundesweit zweitgrößten Eiskunstlaufveranstaltung. Nur die Weltmeisterschaft besuchten mehr Menschen. Ein schöner Erfolg für den Schlittschuh-Klub. Und einer, den der Verein auch in finanzieller Hinsicht braucht. Ein Gespräch über Fakten, Gefühle und viele Wünsche.
VON
CHRISTOPH KLEINAU von der Neuss-Grevenbroicher-Zeitung
(NGZ)
Teilnehmerrunde:
§
Ulrich
Giesen (56), NSK-Vorstandsvorsitzender
§
Petra
Janzen (39), „Mutter aller Kostüme“
§
Anita
Kezic (19), Choreographin & Trainerin
§
Eva
Clemens (18), Choreographin & Trainerin
§
Denise
Janzen (12), Eisläuferin
NGZ:
Denise, wie geht es deinen Füßen ?
Denise
Janzen: Okay, bis auf ein paar blaue
Flecken.
NGZ:
Wo kommen die denn her ?
Denise
Janzen: Von den Schlittschuhen.
NGZ:
Die musst du wie oft anziehen ?
Denise
Janzen: Fünf mal die Woche - und am übernächsten Wochenende auch
noch.
NGZ:
Warum ?
Denise
Janzen: Dann stehen die letzten drei Aufführungen unseres
Eismärchens an.
NGZ:
Dann bist du froh, wenn Weihnachten ist ?
Denise
Janzen: Schon, weil dann wieder Zeit für die Familie ist. Aber
eigentlich bin ich auch ein bisschen traurig, weil die Zeit des
Eismärchens vorbei ist.
NGZ:
Wie lang hat das NSK-Team denn an der Vorbereitung gearbeitet ?
Denise
Janzen: Los ging alles in den Sommerferien, als ich mit dem Verein
in Willingen war. Da gibt es - auch im Sommer - eine Open-Air-Eisbahn. Die
Solisten liefen da schon zu ihren ersten Proben auf. Da hat Eva schon die ersten
Choreographien für die Solisten gemacht. Ich musste zu den ersten Proben
erst im September ran.
NGZ:
Die eigentliche Vorbereitung läuft also mehr als drei Monate.
Gibt
es dazu einen Vorlauf ?
Eva Clemens: Überlegungen, welches Märchen wir machen wollen, wurden schon vor einem Jahr angestellt. Parallel haben wir die Musik ausgesucht, sich Gedanken über die Rollenbesetzung machen und, und, und
NGZ:
Warum fiel die Wahl ausgerechnet auf „Peterchens-Mondfahrt"
?
Anita Kezic: Das Stück haben wir vor 17 Jahren schon einmal gemacht, aber das war nicht ausschlaggebend. Es ist halt ein schönes Märchen, mit vielen Rollen, und das wollten wir moderner gestalten. Deutlich anders als beim ersten Mal.
NGZ:
Sie spielen auf die besonderen Effekte an? Den Schnee in der Eishalle
..
Anita
Kezic:
Ja,
den gab es damals natürlich noch nicht. Besonders eindrucksvoll aber
waren die pyrotechnischen Effekte. Und dann das Licht!
Eva Clemens: Wie bei Holiday on Ice.
NGZ:
Dass es Spezialeffekte geben soll, war ja schon überall zu
lesen.
Nur,
wer die erzeugt, weiß keiner.
Ulrich
Giesen: Eigentlich wollte ich das Geld für die Pyrotechnik ja sparen.
Deshalb fiel die Entscheidung erst zwei Wochen vor der Premiere. Weil der
Ticket-Verkauf besser lief als erwartet. Deswegen konnten wir uns überhaupt
diese Profis aus Düsseldorf, die für Rhein-Fire und andere Events
arbeiten, auch nur leisten.
NGZ:
In eigener Regie geht so etwas nicht?
Ulrich
Giesen:
Nein.
In einer voll besetzten Halle mit vielen Kindern sollte man das schon aus
Sicherheitsgründen Profis machen lassen. Aber zurück zum Geld. Wir hatten
in diesem Jahr besonders hohe Kosten, denn unsere Kulissenkeller im
Gymnasium Norf, den wir ja ständig zum Bau von Kulissen haben müssen,
musste mit einem Aufwand von 25.000 Euro feuerpolizeilich sicher gemacht
werden.
NGZ:
Wäre das nicht Sache der Stadt ?
Ulrich
Giesen: Grundsätzlich schon. Nur: Weil die Stadtsäckel leer sind stellte
sich für uns die Alternative, entweder investieren - oder die Stadt hätte den
Mietvertrag gekündigt.
NGZ:
Hatten Sie denn das Geld ?
Ulrich
Giesen: Nein, deswegen hing alles vom Erfolg dieses Märchens ab.
Denn mehr als 50 Prozent des Vereinsetats finanzieren wir laufend mit den
Einnahmen aus unserem alle zwei Jahre stattfindenden Märchen.
NGZ:
Mehr Produktionen lassen Ihre Fingerkuppen nicht zu, Frau Janzen
?
Petra
Janzen: In einem Märchenjahr leidet der Sport, weil zu viel für die
Aufführung trainiert werden muss. Deswegen steht der Beschluss, es nur alle zwei
Jahre zu machen. Außerdem ginge das gar nicht, weil wir dann ja bei einem
Jahr Vorlauf schon vor der Premiere über die Produktion des nächsten
Jahres nachdenken müssten. Dann könnte ich mein Familienleben an den Nagel
hängen. Sie sehen, mit Nähen hat das nicht nur zu
tun.
NGZ:
Aber auch. Wie sieht Ihr Anteil an der Produktion aus
?
Petra
Janzen: Ich bin die „Mutter der Kostüme". Sobald ich weiß, welche Rollen
es gibt, und welche Farben es in dem Bild gibt - all das wird gemeinsam im
Kreativ-Team erarbeitet -überlege ich, wie die Kostüme
aussehen...
Anita
Kezic: die ich dann in Nachtarbeit und Einzelhaft zeichnen
muss.
Petra
Janzen: Danach entwerfe ich dann Prototypen, nachdem ich das Kunststück
vollbringen musste, kilometerweise günstigen Stoff für die Kostüme zu
besorgen.
Ulrich
Giesen: Dafür ist sie auf allen Basaren und Wochenmärkten in Neuss und
Umgebung bekannt.
Petra
Janzen: Nach dem Zuschnitt sind dann die Vereinsmütter dran. Zum
Zusammennähen. Und das machen die Gott sei Dank.
NGZ:
Belohnung für alle ist dann vermutlich das Premierenfieber.
Wie
ist das, wenn man hinter den Kulissen auf sein „Stichwort"
wartet?
Anita
Kezic: Dieser Moment ist wirklich aufregend. Und mein
Lampenfieber kann ich dann auch mit meinen Sprüchen nicht
besiegen.
Eva
Clemens: Es ist ja auch ganz anders als bei einem Wettkampf. Allein
die vielen Zuschauer in der Halle. Aber wenn ich auf dem Eis bin, fällt alle
Nervosität von mir ab. Dann laufe ich nur
noch.
Anita
Kezic: Das ist ein super-schönes Gefühl. Deswegen bin ich ja schon
seit 17 Jahren dabei und mit Sicherheit auch beim nächsten
Mal.
Ulrich
Giesen: Das ist ja gerade das Besondere in Neuss. Dass die Sportler
ihre Leistung nicht nur vor wenigen Preisrichtern bei Wettkämpfen
demonstrieren, sondern vor 2.300 Zuschauern.
NGZ:
Bleiben wir bei den Besonderheiten. Vorführungen macht wohl beinahe jeder
Club, vor allem kurz vor Weihnachten. Aber
kaum jemand ist so erfolgreich.
Ulrich
Giesen: Den Erfolg kann man sogar in Zahlen messen. Mit circa 14.000
Zuschauern sind wir in Neuss nach der Weltmeisterschaft im Frühjahr 2004 in
Dortmund Deutschlands größte
Eiskunstlauf-Veranstaltung.
NGZ:
Wird das von irgendwem honoriert ?
Ulrich
Giesen: Die normalen Funktionäre im deutschen Eislauf-Sport tun so
etwas oft als Schaulaufen und Tingel-Tangel ab. Die messen nur Erfolge unter den
ersten zehn Plätzen bei Welt- und Europameisterschaften und denken
nicht an den Breitensport, den man als Basis für diese Sportart
braucht.
NGZ:
Den Spitzensport gibt es beim NSK aber auch ..
Eva
Clemens: Klar. Wir unterbrechen zum Beispiel die Märchenserie, weil an
diesem Wochenende in Oberstdorf die Deutschen Meisterschaften stattfinden.
Bei denen ist der NSK mit 16 Sportlern vertreten. Derzeit stellt der NSK mit
Saskia Brall und Tim Giesen sogar die Deutschen Nachwuchs-Meister im
Eistanzen.
NGZ:
Und die laufen auch bei Peterchens Mondfahrt mit ?
Eva
Clemens: Sie schlüpfen in die Rollen von Windliesel und Sturmriese
beim Fest der Nachtfee ...
Anita
Kezic: . . das ist meine Party. .
Eva
Clemens: ... und bringen die Gäste zum Tanzen und die Zuschauer beim
Kuhglocken-Schneewalzer zum Schunkeln.
NGZ:
Bis jetzt war viel von Laufen und Tanzen die Rede. Gesprochen
wird gar nicht?
Anita
Kezic: Ein Märchen ohne Text geht nicht. Obwohl unser Peterchens
Mondfahrt natürlich aus mehr als 100 Musikstücken besteht. Aber die Kinder
müssen den Zusammenhang, die Handlung verstehen. Und dafür ist der Text
zwingend notwendig. Obwohl wir versuchen, den Textanteil möglichst klein zu
halten, fiel über Bewegung und Mimik
auszudrücken.
Ulrich
Giesen: Die Textpassagen müssen in Neuss auch gering sein, weil die
Neusser Lautsprecheranlage nicht mehr zulässt. Da ist von Genuss
nämlich nicht mehr die Rede.
NGZ:
Sonst noch Handicaps?
Ulrich
Giesen: Wir sind ja kurz vor Weihnachten, und da kann man sich ja was für
das nächste Märchen wünschen. Auf unserem Brief ans Christkind steht, dass die
Neusser Bäder und Eishalle GmbH endlich die überfälligen Investitionen tätigt
und eine moderne Beschallungs- und Beleuchtungsanlage installiert. Über die
würden sich dann sicher auch die Besucher der Eis-Disco
freuen.
Anita
Kezic: Ich will mir auch was wünschen
dürfen.
NGZ:
Nämlich?
Anita
Kezic: Vereinstraining nicht nur immer um 6 Uhr morgens. Das sage ich
nicht nur meinetwegen, sondern auch wegen der Kinder, die sich vor der Schule in
die Eishalle quälen müssen. Das würde die, aber auch deren Eltern richtig
glücklich machen.
Ulrich
Giesen: Seid froh, dass wir diese Zeiten noch haben. In anderen Städten
sind diese Frühzeiten schon „weg-privatisiert"
worden.
NGZ:
Wagen wir mal einen Blick nach vorne. Ein nächstes Eismärchen gibt es aber
auch ohne dass die Stadtwerke in Vorkasse gehen?
Ulrich
Giesen: Ja. Dann werden wir wieder - wie dieses Mal - eine mobile
Beleuchtungsanlage für 20.000 Euro einbauen. Schöner und für uns lukrativer aber
auch interessanter wäre es natürlich anders. Auch weil man das Licht dann von
oben setzen kann und die Halle nicht seitwärts ausleuchten
müsste.
NGZ:
Gibt es schon Ideen, ein Skript,
Kulissenentwürfe?
Petra
Janzen: Dazu ist es viel zu früh. Damit beschäftigen wir uns
frühestens ab Oktober 2005.
Anita
Kezic: Wir freuen uns jetzt erst einmal auf die Entspannungsphase nach
einem stressigen und anstrengenden Jahr.
NGZ:
Aber Stücke gibt es schon noch für engagierte Projekte auf dem Eis?
Denise
Janzen: Sicher. Ich war schon allein in drei unterschiedlichen
Produktionen dabei. Und wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre das
"König der Löwen". Mit mir als Nala.
Dieses Gespräch stand am Freitag 10.12.2004 in der
Neuss-Grevenbroicher-Zeitung
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