Internationaler Durchbruch mit Romeo- und Julia-Kür

6.9.2006 WP - Westfalenpost Menden: Im Blickpunkt (wp) Zu Beginn der Saison 2006/2007 hatte die internationale Skating-Union (ISU) 43 der weltbesten Junioren-Eiskunstläufer und -Eistänzer aus 20 Nationen zum Grand-Prix in den mondänen Wintersportort Courchevel in die französischen Alpen geladen.

Im Gegensatz zu den führenden Nationen (USA, Russland, Frankreich) hat Deutschland nur einen Startplatz bei den Grand-Prix-Wettbewerben. Um so erfreulicher daher, dass der deutsche Eislauf-Dachverband DEU die Mendenerin Saskia Brall (16) und ihren Tanzpartner Tim Giesen (18) aus Neuss zu diesem Wettbewerb geschickt hatte.

Beim ersten Training beäugten sich die Konkurrenten und manche Programme wurden daher nur andeutungsweise gezeigt, weil man noch nicht alle Karten offen legen wollte. Vitali Schulz, der mitgereiste NRW-Landestrainer meinte ,,zwischen Platz fünf und 13 ist für Saskia und Tim jede Platzierung drin. Sie können sportliche Höhenluft schnuppern, denn es starten die besten Junioren-Eistanzpaare der Welt".

Beim Pflichttanz mussten Spurenbilder zum Starlight-Walzer ins Eis gezeichnet werden. Pech für das NRW-Team: Tim Giesen kam zu Beginn ins Stolpern, fiel zwar nicht hin, musste aber, um im Takt zu bleiben, das Spurenbild um circa zwei Meter verkürzen, was unweigerlich zum Punktabzug führte. Natürlich war die Enttäuschung groß, denn man landete vorläufig nur auf Platz elf.

Beim Wettbewerb mit dem Original-Tanz ging es für das deutsche Duo um alles: Als besonderen Geck hatten sie ein Techno-Remix des Klassikers "Libertango" von Astor Piazolla einstudiert. Das Publikum war nach der Darbietung begeistert und das deutsche Duo musste zig Autogramme geben. Die anderen internationalen Trainer zollten Respekt und gratulierten Vitali Schulz zu diesem Mut, einmal einen Tango anders darzustellen. Doch nachdem die Preisrichterwertung bekannt gegeben wurde, war die Enttäuschung groß: Man hatte die NRW?-ler sogar noch um einen Platz (12.) nach hinten gesetzt.

Nicht die Tango-Persiflage oder die ,,falschen" Jeans-Kostüme hatten zur schlechten Bewertung geführt - kleine Fehler hatten sich eingeschlichen: Saskia Brall hatte in einer Hebefigur den Schlittschuh 20 Zentimeter vom Kopf entfernt gehalten. Dies war aber nach den ISU-Regeln zu weit weg und führte zu Punktabzügen. Bei einer Pirouette hatten sie nur drei statt der vorgeschriebenen vier Umdrehungen gezeigt.

Alles waren nur kleine Fehler, weil nach Meinung von Tim Giesen die Kondition nicht ausgereicht hatte. Chourchevel liegt auf fast 2 000 Meter und in dieser Höhenluft kommen selbst austrainierte Sportler ins "Japsen". Eine Eistanzkür von drei Minuten ist durchaus vergleichbar mit einem 1 500-Meter-Laufs in der Leichtathletik.

Aber am dritten Wettkampftag waren noch alle Chancen offen: Zwischen dem vierten und dem dreizehnten Platz lagen nur fünf Punkte Unterschied, eine gut gelaufene Kür oder ein Sturz konnte hier alles entscheiden. Saskia Brall und Tim Giesen zeigten schon beim Warm-Up Kämpferwillen. Und Klaus-Reinhold Kany, langjähriger Eislauf-Fachjournalist meinte hinterher zu Saskia und Tim: ,,Als ihr zu Beginn eurer Kür einen Weltklasse-Twizzel gezeigt hattet, den auch die zehn besten Eistanzpaare der Welt nicht hätten besser zeigen können, hattet ihr gewonnen. Mit eurer neuen Romeo- und Julia-Kür habt ihr die Preisrichter voll überzeugt."

Im technischen Teil wurde die Kür als fünfbeste aller Teilnehmer bewertet und im Kürwettbewerb landeten Saskia Brall und Tim Giesen auf einem hervorragenden siebten Platz - der internationale Durchbruch. Trotz der schlechten Vornoten ergab sich für den Gesamtwettbewerb Platz neun, aber mit 122,27 Punkten haben Brall/Giesen persönliche Bestleistung erreicht. Die Russen Ekaterina Bobrova und Dmitri Soloviev gewannen knapp vor Madison und Keiffer Hubbell (USA).

Bei der Junioren-Grand-Prix-Serie kann man bei maximal zwei von acht Grand-Prix-Wettbewerben Punkte sammeln. Ob Saskia und Tim noch an einem weiterem Wettbewerb teilnehmen können, hängt von den Leistungen der anderen deutschen Paare ab.

 

 

 

 

 

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